Eine echte Schule des Gottvertrauens

Das Abendmahl ist bereit für den Gottesdienst. Im Hintergrund sitzen schon die ersten Gäste an den Tischen.

Mit einem festlichen Abendmahlgottesdienst in der gut gefüllten St. Johanniskirche begann der letzte Tag der Vesperkirche Schweinfurt 2024. Gut zwei Wochen lang stand die Kirche jeden Mittag offen für Begegnungen, Beratungen, Gespräche – und natürlich fürs gemeinsame Essen, das sich zum eher symbolischen Preis von 1,50 € wirklich alle leisten können sollten.

Pfarrerin Barbara Renger predigte über das Gleichnis Jesu vom Sämann, der – abgesehen vom Aussäen und vom Ernten – nicht allzu viel dazu beitragen kann, dass seine Pflanzen wachsen. Großes Vertrauen und Gelassenheit seien da nötig. Und in Wirklichkeit sei es ja auch so, dass zwischendurch sehr wohl alles mögliche zu tun sei – Unkrät jäten, düngen und so weiter – doch das eigentlich Wachsen, das hat niemand in der Hand. So ist es auch in anderen Situationen, meinte Renger. Etwa, wenn die erwachsenen Kinder ausziehen und den Eltern nichts übrig bleibt als darauf zu vertrauen, dass sie sie gut vorbereitet haben auf das Leben.

Auch die Vesperkirche ist so ein Ort, meinte Renger. Ein Ort, an dem viele Samen aufgehen, an dem es auch viel Gottvertrauen braucht, dass alles schon gut gehen wird. Auch, wenn gleich zu Beginn zwei Hauptverantwortliche wegen Krankheit ausfallen. Auch, wenn immer mal wieder die Zahl der Gastgeberinnen und Gastgeber zu klein zu sein scheint: Die Vesperkirche sei eine „echte Schule des Gottvertrauens“: Es geht! Natürlich laufe nicht immer alles rund, aber die Vesperkirche zeige doch eine Spur des Reiches Gottes in dieser Welt.

Nach dem Gottesdienst begann zum letzten Mal das gemeinsame Essen an den Tischen in der Kirche. Etliche hatten schon vor Beginn des Gottesdienstes an den Tischen Platz genommen, andere warteten geduldig in den Bänken, bis sie zum Platz geführt und dort bedient wurden.

Victor Elias, ehrenamtlicher Kirchenvorsteher und Mit-Verantwortlicher, zeigte sich hoch zufrieden mit dem Ablauf. Zwischen 250 und 300 Portionen Essen wurden Tag für Tag vom Leopoldina-Krankenhaus geliefert – selten, dass etwas übrig blieb. Doch die reinen Zahlen sind Elias gar nicht so wichtig: „Ich lege nicht so viel Wert darauf, wie viele Leute kommen, es geht mehr um die Begegnungen.“

Pfarrerin Gisela Bruckmann denkt im Gespräch besonders gern zurück an die Momente am Ende der täglichen Runde der Gastgeberinnen und Gastgeber, bevor die Vesperkirche ihre Türen öffnet. „Da stellen wir uns im Kreis, fassen uns an den Händen und spüren, wie wir alle miteinander verbunden sind in dieser großen Aufgabe“. Auch im Team sei spürbar, wie die gemeinsame Aufgabe zusammenschweiße.

Ihre Kollegin Barbara Renger bekräftigt noch einmal, was sie schon in der Predigt sagte: Mit Gottvertrauen habe sich tatsächlich jeder Engpass lösen lassen. Menschen waren bereit, noch für einen zusätzlichen Tag einzuspringen, Kuchen wurden gespendet, die gar nicht eingeplant waren – und auch die Zahl der Essensportionen stimmte fast immer gut überein mit der Zahl der Gäste.

Ob es auch 2025 wieder eine Vesperkirche geben wird? Der Wille dazu ist da, trotz des vierstelligen Defizits, das gemeinsam von Diakonie und Kirche getragen wird. Manche Dinge sind darüber hinaus noch zu lösen. Insbesondere die sehr grundsätzliche Frage, wie das CO2-intensive Heizen der Kirche in der kalten Jahreszeit mit den Klimaplänen der Kirchengemeinde und des Dekanats zu vereinbaren sind; beide nehmen schließlich am kirchlichen Klimamanagementprogramm „Grüner Gockel“ teil.

Doch der Versuch im Jahr 2023, mit der Vesperkirche in die etwas wärmere Zeit zu wechseln, hatte ganz deutlich gezeigt,: Den Menschen ist es wichtig, gerade im Winter einen Ort der Wärme zu haben. Einen gewissen Ausgleich schafft die Gemeinde, indem sie in den nächsten Wochen ihre Gottesdienste im leichter heizbaren Martin-Luther-Haus feiert, so dass die Kirchenheizung für etliche Wochen ganz ausgeschaltet werden kann. Der gemeinsame Wille ist jedenfalls da, auch im kommenden Jahr die Kirche wieder für Begnungen, Gespräche und gemeinsames Essen zu öffnen – und dann das zehnjährige Jubiläum zu feiern.

Wenn Sie dazu beitragen wollen, dass die Vesperkirche auch 2025 wieder starten kann, können Sie das mit Ihrer Spende tun:

Diakonisches Werk Schweinfurt e.V.:
IBAN DE48 7935 0101 0000 0025 35
BYLADEM1KSW
Stichwort: Vesperkirche

Kirchengemeinde St. Johannis:
IBAN DE82 7932 0075 0005 1674 42
HYVEDEMM451
Stichwort: Vesperkirche

Mehr Informationen finden Sie unter www.vesperkirche-schweinfurt.de

Die Vesperkirche Schweinfurt als „Übungsraum für die Liebe“

Regionalbischöfin Gisela Bornowski in Vesperkirche-Schürze trägt ein Tablett mit Essen

Mit einem festlichen Gottesdienst wurde die zehnte Ausgabe der Schweinfurter Vesperkirche am Sonntag, 21.1.2024 eröffnet. Zwei Wochen lang gibt es nun wieder jeden Tag mitten in der Kirche eine warme Mahlzeit, Kaffee und Kuchen für 1,50 €, sodass sich das Essen wirklich alle leisten können. Aber das Essen allein macht die Vesperkirche nicht zu dem, was sie ist. Es geht um die Begegnungen auf Augenhöhe zwischen Menschen, die sich bisher nicht kannten. Um Gespräche, gegenseitige Hilfe, um soziale Angebote und Beratung.

Regionalbischöfin Gisela Bornowski predigte im Eröffnungsgottesdienst in der voll besetzten St. Johanniskirche über die Jahreslosung für 2024: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“. Die Vesperkirche sei so ein Raum der Liebe, sozusagen ein Übungsraum dafür. Aber „alles“ in Liebe geschehen zu lassen, sei oft auch eine Überforderung, so Bornowski. Es gebe eben im Leben auch Streit, Unmut und Engherzigkeit. Und nicht immer sei man sich über den richtigen Weg der Liebe einig – beispielsweise bei der Frage, wie viel Unterstützung Menschen vom Staat bekommen sollten oder wie mit Geflüchteten umzugehen sei. Auch klar Position zu beziehen, gehöre dazu. So sei sie selbstverständlich bei der Demonstration gegen Fremdenhass und rechtsextremistische Deportationspläne in Ansbach dabei gewesen, um für die Liebe zu demonstrieren.

„Liebe“ sei auch nicht ein Zuckerguss über allem, sondern nehme die Konflikte durchaus wahr und ernst. Der 1. Korintherbrief, aus dem das Wort stammt, wurde von Paulus an die stark zerstrittene Gemeinde in Korinth geschrieben. Paulus ging es darum, auch im Gegenüber das Ebenbild Gottes zu erkennen trotz aller Unterschiede.

Trotzdem gebe es Diktatoren in der Welt und Hass und Hetze von rechts, die spalten und nicht vereinen wolle. „Wir leben nicht im Paradies, sondern in einer unerlösten Welt“.

Das Erfolgsrezept der Vesperkirche jedoch sei, mit Freundlichkeit auf alle zuzugehen. Das versuchen die ehrenamtlichen Gastgeberinnen und Gastgeber: Sie investieren Liebe und bekommen sie auch zurück.

Geehrt wurde im Gottesdienst Wolfhart Berger, der seit nunmehr über 40 Jahren den Evangelischen Posaunenchor leitet.

Dekan Oliver Bruckmann und der Vorstand der Diakonie Schweinfurt, Pfarrer Carsten Bräumer, widmeten gemeinsam die St. Johanniskirche für die kommenden zwei Wochen der Vesperkirche. Und die Tische füllten sich schnell: Die 250 Portionen Essen, die das Vorbereitungsteam geordert hatte, waren am Ende restlos aufgegessen.

Bis einschließlich 4. Februar ist die Vesperkirche nun jeden Tag ab 11:30 bis ca. 14 Uhr geöffnet. Das umfangreiche Rahmenprogramm mit vielen Beratungs- und Hilfsangeboten finden Sie auf www.vesperkirche-schweinfurt.de.